Schülerprodukte

Gedichtinterpretation "Das zerbrochene Ringlein" (Joseph von Eichendorff )

verfasst von: Benita Bastian, Jeanne Davids, Alea Hirsch, Amy John, Tamina Jurkat, Luisa Kottlarz, Jenifa Lorenz

Das romantische Gedicht „Das zerbrochene Ringlein“, das von Joseph von Eichendorff 1813 veröffentlicht wurde, handelt von einem lyrischen Ich, das aufgrund seines Liebeskummers Fluchtfantasien hegt.

In der ersten Strophe hört das lyrische Ich das Mühlrad, das es an seine ehemalige Geliebte erinnert, die diesen Ort verlassen hat. Daraufhin wird aufgezeigt, dass sie ihr Treueversprechen gebrochen hat (vgl. Strophe 2). Aus der Trennung resultiert die Absicht des lyrischen Ichs, die Welt zu bereisen, wie in Strophe 3 zum Ausdruck kommt. In der vierten Strophe wird deutlich, dass es auch eine Alternative für es darstellt, als Soldat in den Krieg zu ziehen. Abschließend äußert das lyrische ich seine ausweglose Lage und den daraus folgenden Wunsch nach dem Tod (vgl. Strophe 5).

Das vorliegende Gedicht besteht aus fünf Strophen mit jeweils vier Versen. Mit Ausnahme von Vers 1 und 3 sowie 17 und 19 liegt durchgängig ein Kreuzreim vor. Der Bruch im Reimschema hebt zum einen den Tatbestand hervor, dass die Geliebte nicht mehr da ist (vgl. V. 1, 3); zum anderen das Resultat daraus, nämlich die Todessehnsucht des lyrischen Ichs (vgl. V. 17, 19). Dem Gedicht liegt ein dreihebiger Jambus zugrunde. Die Regelmäßigkeit des Metrums erinnert an das gleichmäßige Geräusch des Mühlrades, welches die Geliebte immer wieder in das Gedächtnis des lyrischen Ichs ruft. Die Kadenzen wechseln, wobei mit einer klingenden Kadenz begonnen wird. Dieser insgesamt sehr regelmäßige formale Aufbau des Gedichts korrespondiert mit dem Bestreben des lyrischen Ichs, Beständigkeit in der Liebe zu erleben, steht aber in Kontrast zu seinen Erfahrungen mit dieser (vgl. Strophe 2).

Bereits im Titel „Das zerbrochene Ringlein“ werden diese negativen Erfahrungen mit der Liebe zum Ausdruck gebracht. Der Ring steht dabei als Symbol für die Unendlichkeit und die Treue. Dass dieser Ring nun gebrochen ist, deutet auf die Trennung zwischen zwei Geliebten hin. Dabei wird der Dimunitiv „Ringlein“ verwendet, was den Wert der Treue für das lyrische ich noch bedeutsamer erscheinen lässt (vgl. auch V. 8).

Die Alliteration in Vers 4 („Die dort“) betont, wie wichtig der Ort, an dem die Geliebte gelebt hat, für das lyrische Ich ist. Das „Mühlenrad“ (V. 2) oder „Mühlrad“ (V. 17) ist dabei ein Symbol für die Erinnerung an die Vergangenheit mit der Geliebten, der das lyrische Ich hinterher trauert. Gleichzeitig symbolisiert das regelmäßige Geräusch des Mühlrades die Gleichmäßigkeit des Schmerzes, der mit Fortgang der Zeit nicht abnimmt. Die Apokopen „Mein‘ Liebste“(V. 3) und „ein’n Ring“ (V. 6) zeigen, wie emotional betroffen das lyrische Ich durch die Trennung ist, sodass es seine Bindung zur Geliebten nicht klar aussprechen kann.

Durch den Parallelismus der Verse 5 und 7 und die Antithese der „versprochen[en]“ und dann „zerbrochen[en]“ Treue wird der chronologische Verlauf der Liebesbeziehung zum Ausdruck gebracht sowie, wie bereits im Titel, der Widerspruch zwischen Wunsch (Treue) und Wirklichkeit (Treuebruch). Dabei liegt mit „Sie hat“ (V. 5, 7) eine Anapher vor, die betont, dass die Geliebte hier die Handelnde ist, welche die Treue gebrochen hat.

Auf die Aktion der Geliebten (Personalpronomen „sie“) folgt nun ab Strophe 3 die Reaktion des lyrischen Ichs (Personalpronomen „ich“): Die Enjambements (V. 9-10, 13-14, 15-16) bestärken den Wunsch des lyrischen Ichs und verleihen seiner Absicht Nachdruck, durch Ablenkung den Schmerz hinter sich zu lassen. Diese Ablenkung wird zum einen konkretisiert als Reise, zum anderen als Ziehen in den Krieg. Die Inversionen in der dritten und vierten Strophe betonen jeweils die Absicht des lyrischen Ichs, in die Ferne zu fliehen (vgl. V. 10, 14). Dass es dabei nicht so recht weiß, wie ihm dieser Ausbruch gelingen soll, zeigen die Modalverben („Ich möcht“, V. 9, 13, 19), die anstelle von festen Willensbekundungen (ich will) oder Absichten (ich werde) stehen. Außerdem hegt es keinen festen Plan, sondern zählt verschiedene Alternativen der Flucht auf. Der Pleonasmus „dunkle[] Nacht“ (V. 16) veranschaulicht hierbei den Gemütszustand des lyrischen Ichs, das orientierungs- und ziellos ist. Die verschiedenen Möglichkeiten der Flucht zielen allesamt auf das Vergessen des Treuebruchs und dem damit verbundenen Unglück des lyrischen Ichs.

Insgesamt handelt es sich bei den Strophen 3 bis 5 um eine Steigerung, die sich mit jeder Strophe ins Negative wendet und schließlich im Wunsch nach dem Tod mündet (vgl. V. 19f.). Dass das „Mühlrad“ wieder aufgegriffen wird, zeigt, dass sämtliche Versuche, das eigene Unglück zu überwinden, nicht gelungen sind. Immer wieder beim Hören desselben - so zeigt der Doppelpunkt in V. 17 - wird dem lyrischen Ich seine Aussichtslosigkeit bewusst. Ob es am Ende wirklich sterben wird, bleibt unklar, worauf der Konjunktiv „wär's“ (V. 20) hinweist. Ebenso macht der Modusgebrauch deutlich, wie unrealistisch es ist, dass die Trauer des lyrischen Ichs versiegen wird. Der Gedankenstrich in Vers 19 zeigt noch einmal seine Verzweiflung; das lyrische Ich hält inne und sieht nun keinen anderen Ausweg mehr als den Tod. Antithetisch stehen die Ratlosigkeit (vgl. V. 18) und der Tod, der nun - untermauert durch die Exclamatio in Vers 20 - als ein plausibler Weg erscheint, gegenüber.

Typisch für die Romantik ist der Rückbezug auf das Individuum und sein Empfinden, das in diesem Gedicht ein sehr schmerzhaftes Empfinden, hervorgerufen durch den Treuebruch der Geliebten, ist. Die im Gedicht enthaltenen Motive des Reisens und die Sehnsucht nach der Ferne sind typisch für die Romantik und spiegeln das Bestreben, aus der sichtbaren, realen Welt auszubrechen, wider. Auch das lyrische Ich will diese „erste“ Welt hinter sich lassen – am Ende sogar mithilfe des eigenen Todes.

 

Zu dem Gedicht "Was es ist" von Erich Fried haben unsere Schülerinnen und Schüler sogenannte Paralleltexte verfasst. Paralleltexte sind Texte, die sich inhaltlich und formal am Originaltext (also hier an "Was es ist") orientieren.

Original:

Was es ist

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Erich Fried (* 6. Mai 1921 in Wien; † 22. November 1988 in Baden-Baden)

Paralleltexte:

Was es ist

Es ist Faulheit
sagt der Ehrgeiz
Es ist Dummheit
sagt die Logik

Es ist Vergesslichkeit
sagt das Gedächtnis
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist enttäuschend
sagt die Freude
Es ist erlösend
sagt die Trauer

Es ist zum Verzweifeln
Sagt das Glück
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Johanna B.

 

Was es ist

Es ist falsch
sagt die Logik
Es ist absurd
sagt das Gedächtnis

Es ist Kummer
sagt die Hoffnung
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist lästig
sagt der Ärger
Es ist Ausrede
sagt die Wahrheit

Es ist Sturheit
sagt der Verstand
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist töricht
sagt die Vernunft
Es ist hoffnungslos
sagt die Erwartung

Es ist chancenlos
sagt die Aussicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist undenkbar
sagt die Möglichkeit
Es ist naiv
sagt die Ahnung

Es ist was es ist
sagt die Liebe

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